Inhaltsverzeichnis:
1. Das Elternhaus: Ein entscheidender Faktor auf dem Weg zu schulischem Erfolg
Man stelle sich folgendes Szenario vor: Es findet ein schulübergreifender Wettbewerb statt. Die Klassenleitung teilt einen Elternbrief mit Informationen aus – mit der Bitte um Einverständniserklärung zur Teilnahme des Kindes.
Dieser Brief macht seinen Weg in unterschiedliche Elternhäuser: Manchmal ist ein Elternteil Zuhause und kann den Brief direkt lesen, manchmal geht der Brief im Rucksack verloren oder gerät im Trubel des Familienlebens in Vergessenheit. Und manchmal bereitet die Sprache den Eltern Probleme beim Verständnis des Inhalts. Diese Rahmenbedingungen bestimmen, ob die Informationen verstanden werden und die Lehrkraft eine Antwort erhält. Eltern müssen das Schreiben sowohl sprachlich als auch inhaltlich verstehen, sowie die Relevanz für die individuelle Förderung des Kindes erkennen. Die Zukunft des Kindes hängt vom Verständnis und Engagement des sozialen Umfelds ab. Allgemeiner ausgedrückt: Eltern spielen auf dem Bildungsweg ihrer Kinder eine permanente und wichtige Rolle.
2. Chancengleichheit an Schulen: mehr Wunschdenken als Tatsache
Bildung wird, um es einmal sehr wissenschaftlich auszudrücken, als “eine wichtige Determinante für individuelle Lebenschancen, Selbstverwirklichung, beruflichen Erfolg sowie soziale, politische und kulturelle Teilhabe” erachtet (Solga & Dombrowski). Das heißt: Das Maß und die Qualität an Bildung, die jemand erhält, hat Einfluss auf die Chancen später im Leben. Chancengleichheit ist dabei sogar in unserem Grundgesetz festgehalten und bedeutet: Ausbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten für alle – ohne Rücksicht auf Herkunft und soziale Verhältnisse.
Die Schule sorgt in den meisten Fällen aber nicht für Chancengleichheit. Vielmehr verstärken sich bereits vorhandene Ungleichheiten. Schulischer Erfolg ist noch immer abhängig von der sozialen Herkunft. Das zeigen beispielsweise die Ergebnisse der bekannten PISA und IGLU Studien. In der sozialwissenschaftlichen Fachliteratur ist das Phänomen ebenfalls bestens belegt.
3. Kinder aus Migrationsfamilien sind besonders benachteiligt
Besonders Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien leiden unter erheblichen Benachteiligungen. Von ihnen besuchen verhältnismäßig viele die Hauptschule. Dem können viele Ursachen zugrunde liegen – z.B. die fehlende oder geringere Möglichkeit, inhaltlich Hilfestellung aus dem Elternhaus zu erhalten. Die Forschung zeigt: Tendenziell sind aus dem Ausland stammende Eltern weniger am Schulgeschehen beteiligt als deutschsprachige Erziehungsberechtige. Das kann dazu führen, dass die Erwartungen und Anforderungen, die die Schule an sie stellt, ihnen oft nicht bewusst sind. Seitens der Lehrer wird davon berichtet, dass sich eine Kontaktaufnahme zu Eltern mit Migrationsgeschichte schwieriger gestaltet. Nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass diese erst einmal Hemmschwellen überwinden müssen, die für andere Eltern meist nicht existieren: kulturelle Barrieren, Zeitmangel aufgrund schwieriger Jobsituationen, Erfahrungen mit Rassismus und Diskriminierung, gesellschaftliches Unverständnis für ihre Situation oder politische Gründe.
4. Sprache als Schlüssel zur Beteiligung aller
Unter allen möglichen inhaltlichen Gründen darf die sprachliche Barriere als ursächliches Problem nicht fehlen. Menschen mit einer anderen Muttersprache und/oder geringen Deutschkenntnissen verstehen das Lehrpersonal ihrer Kinder unter Umständen kaum, kämpfen mit Elternbriefen und Zeugnissen. Ohne hier eine Schuldzuweisung auszusprechen, kann das, wie anfangs erklärt, in der Konsequenz Nachteile für die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund haben.
Um diesen Nachteilen entgegenzuwirken, haben wir in der ersten Jahreshälfte von 2020 eine automatische Übersetzungsfunktion in unsere App integriert. Die Lehrkraft teilt News in der App auf Deutsch – Eltern können sie sich in ihrer Muttersprache anzeigen lassen. Durch diese Möglichkeit kann im ersten Schritt zumindest die sprachliche Barriere in eine sprachliche Brücke verwandelt werden, die es ermöglicht, gemeinsam weitere Hindernisse im Schulalltag zu überwinden.
5. Die Übersetzungsfunktion im Blick
Teilt eine Lehrkraft einen News-Beitrag, kann sie im letzten Schritt neben Push-Benachrichtigungen und der Lesebestätigung auch “Übersetzung erlauben” aktivieren. Die Übersetzung passiert nicht standardmäßig, sondern muss aktiv ausgewählt werden – weil mit der Wahl die Datenschutzbestimmungen unseres Partners akzeptiert werden, der die Echtzeit-Übersetzungen bereitstellt. 32 Sprachen sind momentan verfügbar: von Englisch über Türkisch und Arabisch bis Urdu. In Abhängigkeit von unserem Partner sind wir bemüht, nach und nach weitere Sprachen hinzuzufügen. Die Funktion steht während der Corona-Zeit allen Schulen kostenfrei zur Verfügung, um eine reibungslose Kommunikation, vor allem in der aktuellen Krise, zu gewährleisten. Für mehr Brücken statt Barrieren.
Quellen:
- PISA = Programme for International Student Assessment. Erfasst weltweit Leistungen von 15-Jährigen in den Kompetenzbereichen Naturwissenschaft, Lesen und Mathematik und vergleicht diese international
- IGLU = Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung durchgeführt in der vierten Klasse
- Heike Solger & Rosine Dombrowski: Soziale Ungleichheit in schulischer und außerschulischer Bildung. Stand der Forschung und Forschungsbedarf. Hans-Böckler-Stiftung
- Konsortium Bildungsberichterstattung
- Mechthild Gomolla: Migration und schulischer Wandel – Mehrsprachigkeit